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Statement

1. Krankenhausbereich als Wirtschaftsfaktor und Wachstumsbranche

Das Gesundheitswesen ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor mit erheblichem Wachstums-, Produktivitäts- und Beschäftigungspotential. Diese Feststellung hat bereits der Sachverständigenrat in seinem Sondergutachten 1997 getroffen. Über vier Millionen bzw. ca. 11,2 Prozent aller Erwerbstätigen sind direkt oder indirekt im Gesundheitswesen beschäftigt (Quelle: Statistisches Bundesamt). In Sachsen waren 1999 74.418 sozialversichert Beschäftigte im Gesundheitswesen tätig, das sind ca. 4% aller Erwerbstätigen in Sachsen (Quelle: Statistisches Landesamt). In Sachsen sind seit 1990 über 5,5 Mrd. DM an Krankenhausinvestitionen aufgebracht worden.
Als größtem Arbeitgeber im Gesundheitswesen kommt dem Krankenhaussektor besonders hohe wirtschaftliche Bedeutung zu. Krankenhäuser
bilden den größten Zweig des bundesdeutschen Dienstleistungssektors. Bei einem Umsatzvolumen von mehr als 110 Mrd. DM (Sachsen 1998: 4,5 Mrd. DM) haben sie mit über einer Million Beschäftigten (1998) mehr Mitarbeiter als der gesamte Bereich der Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen; in Sachsen sind es ca. 47.000 Beschäftigte (1999), das sind 2,5% aller Erwerbstätigen in Sachsen (Quelle: Statistisches Landesamt).
sind in vielen Städten und Gemeinden die wichtigsten Arbeitgeber und Abnehmer für Zulieferer (z.B. Medizintechnik, Medikalprodukte, Arzneimittel) und Dienstleistungsunternehmen (z.B. Caterer).
sind ein zentraler Teil der sozialen Infrastruktur und der Kernbereich des Gesundheitswesens mit vielfältigen Aufgaben: Sie sichern nicht nur die Krankenversorgung rund um die Uhr, sondern sind außerdem Einrichtungen der Forschung und Entwicklung sowie Stätten der Aus-, Fort- und Weiterbildung.
wollen zukünftig noch stärker als bisher als Integrierte Dienstleistungsanbieter im Zentrum der Gesundheitsversorgung stehen und durch optimierte Behandlungsabläufe, umfassende Qualitätssicherung und durchdachtes Fallmanagement ein hohes Maß an Behandlungsqualität und Patientenorientierung erreichen sowie Arbeitsplätze für hochqualifizierte Beschäftigte in Medizin, Pflege und Verwaltung bieten und schaffen.
Wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen, werden vom Krankenhaussektor angesichts des wachsenden Bedarfs an gesundheitlichen Dienstleistungen auch in Zukunft erhebliche beschäftigungswirksame Effekte ausgehen.

2. Reform der finanziellen Grundlagen der GKV

Gesetzgeberische Maßnahmen zur Ausgabendämpfung und Strukturveränderungen reichen alleine nicht aus, um den medizinischen Versorgungsbedarf der Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Dauer finanzieren zu können. Zunehmend entwickeln sich die Einnahmen zum Finanzierungsproblem der gesetzlichen Krankenversicherung. Ursachen dafür sind in erster Linie eine rückläufige Lohnquote ((Durch die Lohnquote wird die Verschiebung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung zu Lasten der Einkommen aus abhängiger Arbeit wiedergegeben (1980: 80%, 1998: 71%)), hohe Arbeitslosigkeit (Arbeitslosenquote in Sachsen 1998: 18,8%) und ein Rückgang der erwerbsfähigen Bevölkerung bei gleichzeitigem Anstieg der Rentnerzahl ((Der Rentnerquotient (Anzahl der Rentner je 100 Beitragszahler) ist allein zwischen 1992 und 2000 von 47,0 auf 53,0 angestiegen; laut Prognosen des Bundesministeriums wird er bis 2030 auf ca. 88,0 anwachsen (Quelle: Bundesarbeitsministerium)). Diese Entwicklung führt in einem System, das sich aus dem Faktor Arbeit finanziert, zu einem Ausbleiben dringend benötigter Einnahmen.
Neben Anreizen zur Ausgabenbeschränkung ist daher eine Reform der Beitragsfinanzierung dringend erforderlich. Hierüber wird in der Gesundheitspolitik bereits diskutiert. Ziel aller Beteiligten muss es sein, langfristige Finanzierungsalternativen zu entwickeln, welche es ermöglichen, den ordnungspolitischen Rahmen der GKV zu erhalten und den medizinisch-technischen Fortschritt auch in Zukunft zu Gunsten der gesamten Bevölkerung finanzierbar zu machen. Das bedeutet, dass eine Beitragsreform dem Grundsatz der solidarischen Ordnung der GKV Rechnung tragen muss.

3. Bedarfsgerechte Versorgung

Steigende Lebenserwartung der Menschen; der Fortschritt in der Medizin; ein verändertes Gesundheitsbewusstsein und die demographische Entwicklung erhöhen die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen. Dynamische Anpassungen der Versorgungsstrukturen werden notwendig, um auch zukünftig eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sicherstellen zu können.
Bei allen Anstrengungen der Leistungserbringer für eine wirtschaftliche Versorgung ist in Zukunft mit einem Anstieg der GKV-Leistungsausgaben zu rechnen. Prognos sagt für das Jahr 2040 einen Anstieg von derzeit 13,5% auf 16% voraus. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung geht in einem Zukunftsszenario von der Annahme aus, dass im gleichen Jahr der fortschrittsinduzierte Ausgabenanstieg sogar die Produktivitätsentwicklung übertrifft und mit einem GKV-Beitragssatz von 23,1% zu rechnen ist.
Eine starre, ausschließlich ökonomisch orientierte Budgetierung der Gesundheitsausgaben, wie sie durch Kostendämpfungsgesetze der letzten Jahre vorgegeben wird, ist mit einer bedarfsgerechten Versorgung nicht vereinbar. Bemessungsgrundlage für die Ausgaben im Gesundheitswesen müssen zukünftig medizinische und ökonomische Kriterien sein. Andernfalls ist die Rationierung von Leistungen eine unausweisliche Folge. Sofern dies das Ziel der Gesundheitspolitik ist, muss sie sich dazu bekennen. Rationierungsentscheidungen dürfen nicht dem System abverlangt werden.

4. Innovative Versorgungsstrukturen

Ein Schwachpunkt in unserem Versorgungssystem ist nach wie vor die historisch bedingte institutionelle Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung: Strikt getrennte Leistungsbereiche folgen nicht dem medizinischen Behandlungsablauf, den Patientenbedürfnissen und der wirtschaftlichen Leistungserbringung.
Ein Wirtschaftlichkeitspotential in unserem Versorgungssystem wird in einer besseren Zusammenarbeit der ambulanten und stationären Bereiche vermutet. Kostenträger und Leistungserbringer können zu einer umfassenden Mobilisierung dieses Potentials gemeinsam nur dann beitragen, wenn durch gesetzliche Rahmenbedingungen die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden.
Mit den am 01.01.2000 in Kraft getretenen Regelungen zu integrierten Versorgungsformen definiert der Gesetzgeber eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende, interdisziplinäre und an den Bedürfnissen der Patienten orientierte Versorgung, bei der innerhalb des bestehenden Finanzierungsrahmens der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durch medizinische und ökonomische Abstimmung Qualitäts- und Kostenvorteile erzielt werden, die den Patienten, Versicherten und Leistungserbringern zugute kommen sollen. Strukturelle Veränderungen sind ein Entwicklungsprozess und kein Umbruch von heute auf morgen. Integrierte Versorgungsformen fordern von den Beteiligten unternehmerische Entscheidungen, die mittel- bis langfristige Planung voraussetzen. Das ist nur dann möglich, wenn die gesetzlichen Grundlagen auf Dauer angelegt sind.

Dr. Stefan Helm
Geschäftsführer
Krankenhausgesellschaft Sachsen

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Letzte Aktualisierung: 14.10.2000 zum Seitenanfang    Druckversion    
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